Rauhnachtrunde

Naturreligiöse Vorstellungen und Bräuche gab es zu allen Zeiten. Zu bestimmten Ereignissen des Lebens- und Jahresablaufs treten sie besonders häufig auf. So auch in den langen Winternächten um die Wintersonnenwende. Schon in vorchristliher Zeit fürchtete man sich vor den bösen Geistern und der „wilden Jagd“ der Rauhnächte, und der Glaube an die Wunderkraft der geweihten (Weih Nacht) Nächte hat die christliche Vorstellung später damit vermischt. Reste des alten naturreligiösen Glaubens sind bis heute erhalten.

So unternahm man lärmende Umzüge mit Schießen und Peitschenknallen, um böse Geister zu vertreiben.( Siehe auch ABRAXAS JG 25 Nr 66) Auch mussten alle unnötigen Arbeiten wie Spinnen, Wäschewaschen, Schuhputzen, Haarschneiden und dergleichen unterbleiben, um die Aufmerksamkeit Frau Hellias / Holles und ihres Gefolges nicht auf sich zu lenken.

Dagegen wurden später in christlicher Zeit die Häuser mit Weihrauch und Weihwasser versehen, um die Geister zu verscheuchen. Heiden haben zu diesem Zweck ursprünglich ein besonderes Wässerchen und Räucherwerk. Aus dem gleichen Grund werden die Besen umgekehrt in die Ecke gestellt.

Wer neunerlei Speisen ißt, braucht nicht Schaden zu erleiden, wer aber neunerlei Holz in den Händen hielt, kann plötzlich alle Naturwesen sehen. Besonders auch die guten Kräfte zeigten sich in dieser Zeit, die zugleich die Wende des Jahres (Advent= an der Wend) bedeutet und somit einen neuen Anfang in sich barg. So schmückte man die Häuser mit grünen Zweigen. Fichten- und Tannenzweige galten als Sinnbild des Lebens. Auch der Eibe, dem Buchsbaum, der Mistel und später der Stechpalme wurden besondere Kräfte zugesprochen. Nach dem oft reichlichen Weihnachtsessen muss man einen kleinen Rest vom Essen sowie ein Geldstück auf dem Tisch liegen lassen, um im kommenden Jahr mit Essen und Geld versorgt zu sein. Auch schüttete man der guten Ernte wegen die Überreste des Weihnachtsmahls über die Bäume und Felder   und gab dem Vieh davon. Was man in den Rauhnächten träumt, wird sich im nächsten Jahr erfüllen.

Das Wetter prophezeiht man mit Hilfe von aufgeschnittenen Zwiebeln oder Nussschalen. Am interessantesten aber ist von jeher das ‚Liebesorakel‘. Gerade an Alban Arthuan bzw. Yul in der geweihten längsten Nacht der Mütter so wissen die weisen Hexen und Zauberer etwas über die Zukunft  zu erfahren und „weis“ zu sagen, wohin der Weg weist. Obstbäume umwand man mit Stroh und schüttelte sie kräftig, um ihre Fruchtbarkeit zu steigern. Auch Wunder geschehen in der dunklen Jahreszeit. So glaubte man in der Yulnacht durch den richtigen Zauber unsichtbar, geschützt und unverwundbar werden zu können.

Um Mitternacht beginnen die Tiere zu sprechen und Zukünftiges zu prophezeien. Aber wer sie hört, der muss sterben oder verrückt werden – es sei denn er ist in die geheimen Künste eingeweiht. Versteht man es, in dieser Stunde die Schwarzalfen – später Teufel in einem Zauberkreis zu beschwören, so kann man viel Geld gewinnen. Der Preis ist allerdings meist recht hoch. Eine in dieser Nacht gepflückte „Christ“wurz sollte Kräfte gegen Pest und Süchte haben. Bei einem besonderen Ritual ließ man Wasser gefrieren und ersah aus den Eisgestalten die zukünftigen Ereignisse.

Im Fichtelgebirge und im Frankenwald stellten sich die Mädchen am Yulabend im Kreis um einen Gänserich auf. Das Mädchen, das vom Gänserich zuerst gezupft wurde, sollte im nächsten Jahr Braut werden. Wenn ein Mädchen in der Yulnacht zum Hühnerstall schleicht und dreimal anklopft, sollte sie auf die Antwort achten: Schreit der Hahn, dann kommt ein Mann; fängt die Henne das Gackern an, dann muss sie auf die Hochzeit noch warten. Die traditionellen Wissenden räuchern zwischen den Jahren in den Rauchnächten kräftig das Haus aus und segnen die Räume nach altem Brauch mit einer Prise Salz und einem besonderen Ritual.